Auf der Flashmob-Welle in einen neuen Lebensabschnitt
Ein weißes Blatt Papier, auf dem Lehrer und Schüler im Laufe einer Schullaufbahn prägende Spuren hinterlassen und es nach und nach mit Inhalten füllen – diese Metapher hat Marliese Hanschke in ihrer diesjährigen Abiturrede den scheidenden Absolventen und Absolventinnen mit auf den Weg gegeben. Nach 13 Schuljahren sind auf einem solchen Papier ohne Zweifel eine Menge an niedergeschriebenen Erfahrungen, Lernzuwächsen und Ratschlägen zu verzeichnen. Und nach 37 Dienstjahren? Da dürfte eine Seite wohl kaum ausreichen, sondern vielmehr ein halbes Buch von Nöten sein. Dass 17 Jahre Schulleitertätigkeit nicht spurlos an einem vorbeigehen, verbildlichte Hanschke in ihrer Abschiedsrede ans Kollegium schmunzelnd anhand der vielen zurückgelegten Kilometer, Arbeitsstunden und ungelesenen privaten Bücherstapel. Welche tiefen Spuren die Handschrift Hanschkes andererseits an der Sibilla-Egen-Schule hinterlassen hat, machten die vielen anerkennenden Abschiedsworte, Erinnerungen und Beiträge, die am letzten Schultag zu ihrer inoffiziellen Verabschiedung im Rahmen des Kollegiums geteilt wurden, mehr als deutlich.
Schon bei Hanschkes offizieller Abschiedsfeier durch den Landrat und das Regierungspräsidium Stuttgart wurde ihr besonnener, zuverlässiger und überlegter Führungsstil hervorgehoben. Aus dem Schülermund klingt das zwar etwas simpler, meint aber im Grunde das Gleiche: „Sie war fast wie eine Mutter für uns! Sie war natürlich auch streng, aber sie wollte immer das Beste für uns!“. Diese und weitere Stimmen aus der Schülerschaft sowie dem Kollegium waren in einem kreativen Videobeitrag der SMV zu hören, mit dem die Schülerinnen und Schüler ihrer Schulleitung zum Abschied Dank und Respekt zollten.
Neben ernsten und nachdenklichen Tönen muss auf dem Papier des Lebens aber natürlich auch dem Genre der Komödie ein kleiner Platz eingeräumt werden. Dass diese an der Sibilla-Egen-Schule entscheidend zum positiven Lern- und Arbeitsklima beiträgt, ist ebenso nicht zuletzt Hanschkes Leitung zu verdanken. Die langjährigen Weggefährten Ursel Wenzel sowie der ehemalige Abteilungsleiter Jürgen Gierich erinnerten in herzlichen Worten und einer Fotoshow an ausgelassene Lehrerausflüge, besinnliche Novemberfeste, gesellige Starts ins Wochenende und kreative Kochabende unter dem Motto „Lehrer kochen besser!“. Unter diesem Titel stand auch das Abschiedsgeschenk des Kollegiums an seine nun ehemalige Schulleiterin: In einem Kochbuch – wie könnte es passender für eine hauswirtschaftliche Schule sein! – hatten alle Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Wochen vom Cocktail bis zum cremigen Dessert ihre Lieblingsrezepte zusammengetragen, mit der Aufforderung zum fleißigen Nachkochen! Denn auch praktische Tipps und Genuss dürfen im Buch des Lebens nicht zu kurz kommen!
Dies gilt auch für das Kapitel „individuelle Förderung und Aktivierung der kleinen grauen Zellen“. Um dem völligen Leerlauf im Ruhestand entgegenzuwirken und im Gehirn-Jogging-Modus zu bleiben, überreichte das Schulleiterteam in einem Mini-Sketch seiner scheidenden Vorgesetzten kniffligen Spielespaß rund um die Schwerpunkte Struktur und Logik. Außerdem: Ein Plan mit Überlegungen für das inoffizielle Deputat 2021/22, das vor allem die „Klassen“ Enkel, Familie und Freunde in den Fokus rücken soll. Auch die IF-Gruppe (IF steht für Individuelle Förderung) der Schule forderte in ihrer Abschiedsrede Hanschke dazu auf, ganz im Sinne individueller Fördermaßnahmen ein „smartes Ziel“ aufzustellen. Dieses stand für die Schulleiterin mit einem schelmischen Lächeln ohne große Überlegungen fest: „den Wecker erstmal ausschalten!“.
Dance-Challenge für die scheidende Schulleiterin
Zum großen Finale der Verabschiedung wurde die Chefin auf den Pausenhof der Sibilla-Egen-Schule geführt, wo sie bereits zu Beginn der Feierlichkeiten mit einem konfettibunten Luftballonstart von allen Schülerinnen und Schülern verabschiedet worden war. Nun hieß es, bequem auf dem bereitgestellten Liegestuhl Platz nehmen, Praliné naschen, Sonnenbrille auf und zusammen mit Überraschungsgast Ehemann Hanschke das nachfolgende Spektakel genießen! In einem großen Flashmob wirbelten die verschiedenen Fachschaften mit Länderflaggen, Laborkitteln, Küchenschürzen und anderen Accessoires auf den Hof und drückten durch die beliebte Schrittfolge des lebensfrohen Jerusalema-Dance ihre Wertschätzung und Dankbarkeit für die gemeinsamen Jahre aus. Die Darbietung schloss mit einer begeisterten und sichtlich gerührten Schulleiterin und einer langen bunten Buchstabenkette mit dem Schriftzug „Wir wünschen unserer Chefin alles Gute für ihren Ruhestand!“.
Und Hanschkes eigener Wunsch für ihr Leben nach den vollbrachten Arbeitsjahren? „Ein Tagesablauf, der nicht vom Rhythmus der Schulglocke diktiert wird! Und endlich Zeit und Muße, in den sich angesammelten Büchern und Hörbüchern zu schmökern.“
In diesem Sinne wünschen wir Marliese Hanschke für ihre Pensionierung alles erdenklich Gute und dass in ihrem Buch des Lebens noch viele spannende Kapitel – ganz ohne störende Unterbrechungen – folgen!
Bericht: Katharina Link