Durch Gemeinschaft Normalität im Alltag schaffen
Schülerinnen und Schüler der Sibilla-Egen-Schule organisieren gemeinsame Spielemittage mit geflüchteten Kindern aus der Ukraine
Mehr als drei Monate ist es nun her, dass Russland mit seiner Militäroffensive die Ukraine zum Schauplatz eines Krieges verwandelt hat. Seither waren mehr als sechs Millionen Menschen gezwungen, auf der Suche nach Sicherheit ihr Land zu verlassen. Neben Polen und Rumänien ist auch Deutschland zu einem wichtigen Aufnahmeland ukrainischer Flüchtlinge geworden und der Wille und die Bereitschaft zu helfen seitens der Bevölkerung waren vielerorts zu spüren. Durch die Aufnahme mehrerer Geflüchteter in der Berufsschulturnhalle in Schwäbisch Hall, in der wie schon während der ersten Flüchtlingswelle 2014 abermals Notunterkünfte eingerichtet wurden, hatten die Folgen des bewaffneten Konfliktes auch unmittelbar die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler erreicht. Der Wunsch, vor allem etwas für die untergebrachten Gleichaltrigen und Kinder zu tun, wurde sehr bald geäußert, denn klar war: Die wachsende Krise betrifft alle, nicht nur durch steigende Benzinpreise, leere Ölregale und Rohstoffknappheit. Die Hilfsbereitschaft war allerdings auch von der Unsicherheit begleitet, welche Art von Unterstützung die richtige sei: Sachspenden? Hilfsgelder? Schließlich stand die Entscheidung fest: Warum nicht direkt da anpacken, und sei es nur im Kleinen, wo es tagtäglich notwendig und erlebbar ist!
Aus diesem Grund öffnete die Sibilla-Egen-Schule im April und Mai ihre Türen und es wurden schulartenübergreifend Spielemittage für die ukrainischen Kinder und Jugendlichen organisiert. Gemeinsame Aktionen waren zum Beispiel Dosenwerfen, Kinderschminken, Eierlaufen, Kartenspiele, Malen, Obstspieße und vieles mehr. „Vor allem das Spiel mit dem Schwungtuch hat das Eis zwischen uns gebrochen“, erzählt eine Schülerin aus der elften Klasse des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums. „Hier waren keine Sprachbarrieren oder andere Schwierigkeiten vorzufinden.“
Ein besonderer Draht entstand auch zwischen den Schülerinnen und Schülern des VABO (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit dem Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen) und den jungen Ukrainern. Im VABO werden ausländische Jugendliche unterrichtet, die wegen Krieg, wirtschaftlicher Instabilität oder persönlichen Gründen nach Deutschland immigriert sind und dort eine neue Heimat gefunden haben. Das Gefühl, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, neu in einem fremden Land mit teils unbekannter Kultur und komplizierter Sprache zu sein, ließ die jungen Erwachsenen schnell zusammenrücken. Der Austausch von Telefonnummern und Instagram-Kontakten festigte die neu entstandene Gemeinschaft.
Hervorzuheben ist das Engagement der 16-jährigen Ukrainerin Daniela Kushnir, die seit September 2021 das VABO besucht. Dass ihren jungen Landsleuten der ja letztlich erzwungene Aufenthalt in Deutschland etwas erleichtert wird, war der Schülerin ein persönliches Anliegen: „Ich weiß, wie schwierig es für alle Ukrainer und noch schwieriger für Kinder ist. Viele von ihnen blieben ohne Eltern zurück. Beim gemeinsamen Spielen konzentrieren sich die Kinder für einen Moment nicht auf ihre derzeitigen Probleme.“ Obwohl Daniela selbst erst seit zehn Monaten in Deutschland lebt und somit seit kurzem die deutsche Sprache lernt, war sie maßgeblich bei der Organisation und Kommunikation mit den Verantwortlichen beteiligt.
Bericht: Katharina Link